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Gletscherschmelze pulverisiert Rekorde - Schlimmer als im Hitzesommer 2003

06:55
29. September 2022

Dramatischer Rückgang
Gletscherschmelze: Immer neue Rekorde

GletschermessungAm Konkordiaplatz am Aletschgletscher in der Schweiz sind in diesem Jahr mehr als 6 Meter Eis geschmolzen (Die Messstange geht am oberen Bildrand noch weiter). - © Matthias Huss

Die Schweizer Gletscher haben in diesem Sommer enorm viel Eis verloren. Der bisherige Rekord des Hitzesommers 2003 wurde regelrecht pulverisiert. So schmolz rund dreimal so viel Gletschereis wie in vergangenen Extremjahren.

3 Kubikkilometer Eis: So viel Gletschervolumen ist in diesem Jahr in der Schweiz verschwunden. Mit dem daraus entstandenen Schmelzwasser hätte beispielsweise der Starnberger See einmal komplett gefüllt werden können.

Anders ausgedrückt: Die Schweizer Gletscher haben in nur einem Jahr 6,2 Prozent ihres Volumens eingebüßt. Bislang bezeichneten Glaziologen Verluste über 2 Prozent schon als "extrem". Im bisherigen Rekordjahr 2003 wurde ein Minus von 3,8 Prozent bilanziert. Die diesjährige Schmelze sprengte diesen Rahmen deutlich.

Im Mittel über alle Eisströme der Schweiz ist im Jahr 2022 bisher 3 bis 4 Meter Eisdicke weggeschmolzen. In den Bereichen der Gletscherzungen gingen auch schon mal 10 Meter und mehr verloren. Selbst in den höchsten Lagen auf rund 3500 Meter Höhe stellten die Glaziologen Verluste fest.

Schlechter Winter – noch schlechterer Sommer

Das Jahr hatte für die Gletscher bereits ungünstig begonnen. Im Winterhalbjahr fiel kaum Schnee, in einigen Regionen gab es sogar eine Rekord-Schneearmut. Im Sommer ließen die zahlreichen Hitzewellen mit hohen Temperaturen bis in die Gipfellagen das blanke Eis rasant schmelzen.

Gletscherzungen sind infolge der hohen Schmelzrate zerfallen und es haben sich in vielen Bereichen große Spalten aufgetan. Auch tauchten Felsen inmitten der Eisströme an der Oberfläche auf. Diese Prozesse beschleunigten die Schmelze zusätzlich. Zudem war der viele Saharastaub nicht unbeteiligt.

Wie geht es weiter?

Bereits seit Langem bekannt ist, dass die Eisströme der Alpen im Zuge des Klimawandels schrumpfen und kleinere Gletscher komplett verschwinden. Weniger vorhergesagt war das hohe Tempo, mit dem sich die Gletscher aktuell Jahr für Jahr zurückziehen.

Gletschermodelle zeigen, dass bis zum Jahr 2050 rund 35 bis 40 Prozent des heutigen Eisvolumens verschwinden werden. Betrachtet man die Bilanzen der vergangenen Jahre, scheint dies noch recht optimistisch.

Wie es gegen Ende dieses Jahrhunderts weitergeht, ist maßgeblich abhängig von künftigen Treibhausgasemissionen. Ohne konsequenten Klimaschutz dürften in rund 80 Jahren nur noch Eisreste in den höchsten Lagen der Alpen übrigbleiben.

Markante Eiszungen, wie die des Aletschgletschers, werden in den kommenden Jahrzehnten aber so oder so verschwinden. Dies ist unter anderem der Fall, weil deren Reaktionszeit teils über 30 Jahre beträgt und die Gletscher deshalb noch "zu lang" für das heutige Klima sind.

Selbst bei der Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens – wovon wir heute noch weit entfernt sind – könnte der bekannte Konkordiaplatz am Grossen Aletschgletscher zum Ende dieses Jahrhunderts nahezu eisfrei sein.

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